Rhodos – Das Fest des großen Ochis

Rhodos, dass weiß jeder, ist eines von Griechenlands bekanntesten Kleinoden. Die Hauptinsel der Inselgruppe Dodekanas weißt unzählige Sehenswürdigkeiten auf. Angefangen bei der kleinen Akropolis von Lindos, dem wunderschönen Tsambika Kloster oder dem spektakulärem Monolithos: Rhodos steht neben Athen und Kreta wie kaum ein anderes für die griechische Seele, die Identität und Kultur dieses Landes, das in der Antike grundlegende demokratische Ideen erschuf und das Selbstbild des Menschen maßgeblich für die kommenden Jahrhunderte prägte. Und wie kaum eine andere Insel verkörpert Rhodos die Gegensätze, die Griechenland in weiten Teilen in sich vereint. Wer diese Insel in ihrem Facettenreichtum erleben möchte, kann dies hier tun.

Die Geschichte einer Insel, ist die Geschichte eines Landes

Wer die Westküste von Rhodos bis runter nach Ialysos abfährt, dem begegnet ein wahrhaftiger Strom aus Hotels, Diskotheken und Bars. Europas feierwütige Jugend fällt seit jeher über die griechische Insel her – hierzulande führen nicht wenige Abifahrten zur Inselgruppe in der Ägäis. Bei der Ostseite der Insel handelt es sich um das touristische Zentrum der Insel. Die klimatisch ruhigere Seite weist einige geschichtsträchtige Monumente auf, sonnengebleichte Ruinen wie die kleine Akropolis und die Thermen von Kalithea im Südosten. Dem touristischen Standbein und der Strom an Besuchern aus aller Welt zum Trotz hält die kleine Insel wie kaum eine andere Griechenlands fest an seiner Geschichte fest. Die fast 120.000 Einwohner Rhodos wissen um die streckenweise auch leidvolle Geschichte dieser Insel und zelebrieren diese mit Stolz.

Eines der bekanntesten Feste, das in ganz Griechenland stattfindet und in Rhodos einen ganz besonderen Ableger besitzt, ist das Fest des großen Ochis. “Ochi” ist das griechische Wort für “Nein“, und das ist genau das, was die Hellenen der italienischen Besatzungsmacht entgegen schmetterten, als diese im Zuge des zweiten Weltkrieges Albanien besetzte und den griechischen Diktator Metaxas aufforderte, die Grenzen zu öffnen und wichtige strategische Eckpunkte den Achsenmächten zu überlassen. Metaxas, der zu diesem Zeitpunkt sein Land um jeden Preis aus dem Krieg heraushalten wollte, sah sich gezwungen, Griechenlands Position zu schützen. Am 28. Oktober 1940, um drei Uhr morgens, wurde Metaxa die formale Aufforderung zur bedingungslosen Öffnung in seinem Haus bei Kifissia überbracht. Metaxas’ Antwort lautete: „Sowohl die Sache, als auch die Art und Weise, sehe ich als Kriegserklärung Italiens.“ Die Tageszeitungen Griechenlands titelten am nächsten Morgen ein einziges Wort: Ochi. So gebar sich eine weitere Achse des griechischen Nationalstolzes, und auch wenn die folgenden Jahre für das Land und seine Nachbarn entbehrungsreich und schwierig waren, gedenken die Griechen bis heute diesem Moment mit Stolz.

Stolz und Trauma

Die Feste, die landesweit dafür am 28.10 stattfinden, gehören zu den traditionsreichsten der neueren griechischen Geschichte. Jede kulturelle Instanz ist bei den Ochi-Märschen und dem Umzug vertreten. Die griechisch-orthodoxen Priester mit ihren Kutten, die Garden und Tänzer mit ihren Fustanellen, Ledersandalen und Kalpaken. Auf Rhodos wird der Ochi-Tag von einer besonders traditionsbewussten und lebhaften Feier begleitet. Zur frühen Mittagsstunde zieht der Umzug durch die Straßen der Innenstadt, und erfahrungsgemäß ist jeder zweite Bewohner Rhodos hierbei auf den Straßen. Die Tatsache, dass das Datum der Feier im Oktober und damit außerhalb der traditionellen touristischen Stoßzeiten liegt, trägt nicht zur Popularität dieses Festes bei, aber wer einen Einblick in die authentische, griechische Seele gewinnen möchte, dem sei die unberührte und kulturhistorisch einzigartige Begebenheit des Ochi-Festes ans Herz gelegt. Es ist ein zum Teil wehmütiges Fest, es gedenkt den Schmerzen und Entbehrungen und ist gerade deshalb ein umso lauteres Liebesbekenntnis zum Leben, zum “greek way of life“, und zu den Traditionen, an denen dieses Land seit jeher so unbeirrt festhält.

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